„Kinder sind eine solche Bereicherung.“ Ich weiß nicht von
wem dieses Zitat stammt, oder aus welcher Zeit es ist, ich weiß nur,
dass derjenige der es erfunden hat nie mit seiner Tochter beim Frisör
war. Soviel steht fest.
Ich sollte am Anfang dieser Odyssee beginnen. Mittwoch, 03:30 Uhr,
ein bis dahin völlig normaler Nachmittag im März, als wir den
Frisörsalon betraten. Ganz so normal war dieser Tag dann doch nicht,
es war der 18. Geburtstag meiner Lieblingstochter. Welch Kunststück,
hab nur das eine Kind. Auf der Fahrt dahin, googelte die nunmehr seit
einigen Stunden volljährige Alleinerbin alle möglichen Frisuren.
Ihre kurze und aussagekräftige Eingabe im Feld der Suchmaschine
lautete: „geile Kurzhaarfrisuren“
Meine hochgezogenen Augenbrauen wurden mit einem ungläubigen
„ernsthaft, das hast du jetzt nicht so gegoogelt?!?“
untermalt. Doch, dies hatte sie tatsächlich. Das ist der Moment, wo
dir als Vater der Gedanke in den Sinn kommt, dass du eventuell die
DNA checken lassen solltest.
Die Wahl meiner zauberhaften Ablegerin fiel auf eine Frisur mit
unterschiedlichen Haarlängen, in den Farben lila und grau. Mein
erster Gedanke: „Lila, sehr schöne Farbe wenn du die Milka Kuh
bist. Väter sind davon eher nicht so schnell zu überzeugen.“ Es
half alles nichts. Selbst eine Drohung, dass sie mit ihren 155 cm
Körpergröße noch immer aufrecht in die Babyklappe passen würde,
konnte sie nicht umstimmen.
Was auch nichts half, war das lautstarke protestieren meines Milka
Kälbchens mit den Worten diese sie Hilfe suchend an die Frisörin
richtete: „Mein Vater mobbt mich!“ Nachdem ich die Drohung
mit der Babyklappe noch einige male wiederholte, schaute sie mich mit
dem treuesten Hundewelpenblick den sie in ihrem Repertoire hatte an
und sagte mit der traurigsten Stimme die je ein Mensch hervorbrachte:
„Würdest du mich wirklich hergeben?“ Oh ha, jetzt
zog sie also mit schweren Waffen ins Feld. Dem hast du als Vater
nichts entgegenzusetzen. Dein ohnehin nur gespielter böser Blick
bricht zusammen wie ein Kartenhaus, wenn du in die wohl schönsten
Kulleraugen auf diesem Planeten blickst während dich selbige dermaßen
treudoof anstarren. Mit der Erkenntnis, dass ich dieses Runde
haushoch verloren hatte, antwortete ich kleinlaut: „Natürlich
nicht!“ Ihres Sieges bewusst drehte sie sich zufrieden zurück in
Richtung Spiegel und grinste triumphierend. Hinterhältiges
kleines Biest!
Nach der lächerlichen Zeitspanne von dreieinhalb Stunden
hatten wir den Salon auch schon wieder verlassen. Ein kleiner
Augenblick für die Menschheit, eine ewig langer für einen Vater.
Nervlich am Ende und nach Begleichung der Rechnung mit einem noch
schlechteren Rating als Griechenland, saß ich nun mit dem
glücklichsten Kind der Welt wieder im Auto. Hier wurde ich dann so
lange verhört, bis ich zugab, dass das Ergebnis, im Gegensatz zu
meiner vorherigen Annahme, sogar richtig gut aussah. Das liegt
bestimmt an der natürlichen Schönheit meiner bezaubernden Tochter
und nicht an der neuen Frisur. Was soll ich sagen?: „Ganz der
Vater!“ DNA-Test und Babyklappe nicht mehr nötig.
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